Kennen Sie die Situation – Sie stehen unmittelbar vor einem öffentlichen Auftritt, Ihre Hände werden schweißnass, das Herz beginnt zu rasen und der Atem stockt?

Öffentlich sprechen zu müssen, löst bei vielen Menschen ein enormes Spannungsgefühl, ja sogar Angst, aus – Statistiken zufolge liegt die Angst vor öffentlichem Sprechen weit vor der Angst vor Tod, Einsamkeit oder Dunkelheit:

Folgende Auflistung macht ganz deutlich, welch Emotionen die Angst vor einer öffentlichen Rede auslöst und wie weit dahinter die wahren Ängste der Befragten rangieren!

Öffentlich reden 41%
Grosse Höhen 32%
Ungeziefer-Geldsorgen-Tiefes Wasser 22%
Krankheit, Erbrechen, Tod 19%
Fliegen 18%
Einsamkeit 14%
Hunde 11%
Auto (steuern, mitfahren) 9%
Dunkelheit, Fahrstühle 8%
Rolltreppen 5%
Aus: „The book of lists“ von William Morrow Inc. New York, Angaben in % der Befragten

Diese Redeangst oder auch Angst in der Vortragssituation ist also weiter verbreitet als man denkt. Selbst Prominente geben zu, dass ein öffentlicher Auftritt enormen Stress verursacht. Peter Alexander meinte beispielsweise: „Trotz jahrelanger Showerfahrung bin ich immer noch so aufgeregt wie ein Anfänger“.

Wovor haben wir so große Angst? Hier spielen viele Faktoren mit, wie die Angst davor, sich lächerlich zu machen, sich dem Spott anderer auszusetzen, dass es einem die Rede verschlägt, man ein Blackout hat, den roten Faden verliert usw.

Im Allgemeinen wird diese Angst als „Lampenfieber“ bezeichnet – sollte die Redeangst tatsächlich tiefere psychologische Ursache haben, kann nur ein gezieltes Coaching oder ggf. eine Therapie helfen.

Hier sollen ein paar bewährte Techniken und Tipps aufzeigen, wie man das Lampenfieber reduzieren kann, mit der Betonung auf Reduzieren. Das Lampenfieber komplett zu eliminieren hieße keine Spannung mehr zu empfinden und somit auch keine Spannung aufbauen zu können, man wirkt kraftlos und abgenutzt. Das Spannungsgefühl muss erhalten bleiben, es hält alle Sinne wach und treibt die Konzentration zu Höchstleistung an, um die Spannung für den Redner und das Publikum zu erhalten.

Es gibt bewährte Techniken, die dem Redner helfen, mit Lampenfieber umgehen zu lernen. Zum einen sind das „Klassiker“ wie Mental Training durch Visualisierung des positiven Ausgangs, positive Gedanken, positive Aspekte in seine Gedanken zu holen etc. Das sind Methoden, die jedoch einiges an Zeit und Training benötigen, bis sie in Fleisch und Blut übergehen und so unmittelbar vor dem Auftritt auch nützlich sind.

Ich möchte hier jedoch den „kurzfristigeren“ Methoden mehr Augenmerk geben, die helfen sollen, unmittelbar vor dem Auftritt Ruhe und Gelassenheit zu finden:

  • Atmung ist ein ganz wesentlicher Aspekt beim Sprechen. Lernen Sie auf Ihren Atem zu hören, wenn Sie langsam und ruhig atmen beruhigt sich das Zwerchfell, der Herzschlag wird langsamer und Sie fühlen sich wesentlich ruhiger.
  • Eine weitere Übung aus dem Bereich „Atmung“: Atmen Sie zwei- bis dreimal kräftig ein und wieder aus – denken Sie dabei „negatives raus“ beim Ausatmen und „positives rein“ beim Einatmen.
  • Eine Übung aus der Bioenergetik kann auch helfen: Legen Sie beide Hände flach auf Ihren Kopf oberhalb der Ohren und atmen Sie wiederum zwei- bis dreimal kräftig ein und wieder aus.
  • Ziehen Sie sich unmittelbar vor Ihrem Auftritt zurück, sprechen Sie mit niemanden mehr, das ist ein Störfaktor für Ihre Konzentration. Zum Rückzug eignen sich hervorragend Toiletten  oder Sie machen einen kurzen Spaziergang vor der Tür oder um den Block. Aber auf jeden Fall ziehen Sie sich selbst unmittelbar aus dem Geschehen, stellen Sie sich abseits der Bühne und sammeln Sie Ihre Konzentration.

Auf der Bühne selbst gibt es auch ein paar Tipps & Tricks, die helfen das Lampenfieber auch positiv zu nutzen. Man spürt die nervöse Anspannung, weil der Körper die körpereigene Droge Adrenalin produziert, die Aufmerksamkeit läuft auf Hochtouren und die Sinne sind geschärft. Wie oben bereits erwähnt hilft diese Spannung Höchstleistungen hervorzubringen, weil so die Konzentration gesichert ist.

  • Suchen Sie auf der Bühne den richtigen Stand – schulterbreit, beide Beine fest am Boden. So sind Sie geerdet und fühlen sich sicher. Wieder eine kleine Übung aus der Bioenergetik: Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Baum, fest verwurzelt im Boden mit dem Drang nach oben zu wachsen. Hier können Sie sich auch vorstellen, wie sie durch ein unsichtbares Seil von oben gehalten werden. Das gibt Ihnen Sicherheit und wo stehen Sie sicher und fest.
  • Wichtig ist auch das berühmte Rednergetränk  wenn Sie auf der Bühne selbst spüren, dass keine Beruhigung kommt oder Sie tatsächlich einen Hänger haben, nippen Sie einen kleinen Schluck Wasser, das verschafft Ihnen Zeit sich zu sammeln.

Und eines darf auf keinen Fall zu kurz kommen: die Spaß und die Freude am öffentlichen Auftritt – das kompensiert die Qualen davor allemal.

Letztendlich macht auch bei öffentlichen Auftritten die Übung den Meister, oder wie Cicero einst sagte:

Reden lernt man durch reden.
(Marcus Tullius Cicero, römischer Staatsmann und Schriftsteller, 106 – 43 v. Chr.)

Zur Autorin:

Mag. Ursula Koller hat über 10 Jahre Erfahrung als Marketing Manager bei Marktführern in der IT Industrie, sowohl national als auch international; Leitung Compass-Realtime – Stammdaten in Echtzeit www.compass-realtime.at

Ausbildung zur Berufssprecherin, langjährige Erfahrung von Live-Moderationen und anderer Sprecherleistungen (Voice-Over von Imagefilmen, Besprechen von Bandschleifen etc.); Coaching für „Besseres Sprechen im Alltag“ und „Verbesserung der verbalen Kompetenz im Beruf“; Infos unter www.marketandspeaking.com, Kontakt: contact@marketandspeaking.com